DAS ist angewandte Linguistik!

Rückblick auf unser #galwue21-Blogprojekt

In unserem #galwue21-Blogprojekt haben wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik gezeigt! Dazu gaben wir Antworten auf die Frage: Was machen Angewandte Linguistinnen und Linguisten eigentlich?

Unser #galwue21-Blogprojekt neigt sich dem Ende zu. 15 Blogbeiträge haben wir in den letzten Wochen veröffentlicht. Mit dem heutigen Blogbeitrag Nummer 16 lassen wir sie noch einmal Revue passieren. Und nebenbei erfahren Sie natürlich auch, ob Sie beim Abschlussquiz in der letzten Woche eigentlich richtig lagen. Viel Spaß!

Was ist Angewandte Linguistik?

Angewandte Linguistik interessiert sich für Kommunikationsprozesse im lebensweltlichen Alltag und in beruflichen Zusammenhängen. Auf der Basis sprachwissenschaftlicher Expertise sucht Lösungen für Real World Problems. Dazu greift sie auf Erkenntnisse und Methoden aller sprachwissenschaftlicher Teildisziplinen zurück – zum Beispiel der Phonetik, der Lexikologie oder der Korpuslinguistik. Damit ist die Angewandte Linguistik selbst keine weitere Teildisziplin der Sprachwissenschaft, sondern vielmehr eine sprachwissenschaftliche Forschungspraxis. 

Angewandte Linguistinnen und Linguisten suchen in ganz verschiedenen Themenbereichen, mit ganz verschiedenen Fragestellungen, Methoden und Untersuchungszuschnitten solche Real World Solutions. Das macht es fast unmöglich, die Projekte eindeutig verschiedenen Forschungsbereichen zuzuordnen. Deshalb sind wir anders an die Sache herangegangen. Wir haben uns gefragt: Welche Tätigkeiten üben Angewandte Linguistinnen und Linguisten eigentlich aus?

Wir haben sechs Tätigkeitsfelder voneinander unterschieden.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten lehren!

Angewandte Linguistinnen und Linguisten bringen Schülerinnen und Schülern Fremdsprachen bei, fördern ihre sprachlichen Kompetenzen und vermitteln Wissen über Sprache. Dazu stellen sie sich die Frage: Welches sprachliche Wissen soll wem wie vermittelt werden? Yuliia Orlova hat uns gezeigt, wie Didaktik und Sprachwissenschaft hier ineinandergreifen.

Besonders intensiv beschäftigen sich Angewandte Linguistinnen und Linguisten mit dem Fremdsprachenerwerb. Logisch – hat man unter Angewandter Linguistik doch sogar lange die Anwendung linguistischer Theorien für den Sprachunterricht verstanden. Alisa Capellaro hat uns ein Projekt vorgestellt, das eine präzise Einschätzung des Fortschritts des Sprachlernprozesses von nicht-muttersprachlichen Schülerinnen und Schülern erlaubt: Deutsch & PC.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten diagnostizieren und therapieren!

Sprachwissenschaftliche Expertise erlaubt es, sprachbezogene Störungsbilder genauer zu erfassen und passgenaue Therapieansätze zu entwickeln. Am Beispiel von schlaganfallbedingten Aphasien und Sprachentwicklungsstörungen hat uns Viktorija Blazheska vorgestellt, wie Angewandte Linguistik betroffenen Patientinnen und Patienten helfen kann. Ein Programm, das mittels Sprachtherapie Schlaganfälle und daraus entstehende Hirnschädigungen verhindern kann, gibt es aber leider nicht!

6-8 % der Kinder eines Jahrgangs weisen eine Sprachentwicklungsstörung auf – das heißt, dass sie nur zögerlich mit der Produktion von Wörtern beginnen und ihr Wortschatz sich langsamer entwickelt als bei anderen Gleichaltrigen. Wie gut, dass Angewandte Linguistinnen PLAN entwickelt haben: Eine Materialsammlung zur Sprachtherapie nach dem patholinguistischen Ansatz. Franziska Schulte und Magdalena Belz haben vorgestellt, wie eine solche Therapie abläuft.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten klären auf!

Über Sprache wird ständig diskutiert: Man wirft ihr vor, sie sei unangemessen, zu kompliziert, veraltet, diskriminierend usw. Zum Beispiel, wenn es darum geht, wie lange Sätze, Schachtelsätze, Wortungetüme und nicht erklärte Fachbegriffe die Aufnahme von Informationen zur Corona-Pandemie erschweren! Marina von Dungen und Chrysoula Perathoraki haben in ihrem Blogbeitrag gezeigt, wie die Angewandte Linguistik dabei helfen kann, sprachliche oder kommunikative Probleme zu erfassen, wissenschaftlich aufzubereiten und Lösungsansätze in die gesellschaftliche Diskussion einzubringen.

Auch die GAL-Förderpreisträgerin Nathalie Bauer klärt auf: Und zwar darüber, wie zentral Empathie in medizinischen Interaktionen ist. Im Interview mit Franziska Schulte und Magdalena Belz hat sie erklärt, wie gesprächslinguistische Forschungsergebnisse dabei helfen können, die Arzt-Patienten-Kommunikation zu verbessern.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten beraten!

Überall entstehen sprach- und kommunikationsbezogene Probleme, sei es im Alltag, in der Wirtschaft oder in der Politik. Ann-Katrin Hüsing hat in ihrem Blogbeitrag gezeigt, wie Angewandte Linguistinnen und Linguisten als Experten für Sprache und Kommunikation hierbei Hilfe und Beratung anbieten können. Ein Anruf bei einer linguistischen Sprachberatungsstelle kann einem beispielsweise erklären, was eigentlich „Spontanvegetation“ ist: Unkraut!

Angewandte Linguistinnen und Linguisten beraten sogar die Bundeskriminalbeamten im BKA: Dort sind sie in den Abteilungen Handschriftenerkennung, Sprechererkennung und Autorenerkennung tätig. Simon Panneke-Reelfs hat uns einen Einblick in die Arbeit forensischer Linguistinnen und Linguisten gegeben.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten professionalisieren!

Leonie Kampmann hat uns in ihrem Blogbeitrag erklärt, Ziel von angewandt-linguistischen Professionalisierungsprozessen sei es, Menschen zu befähigen, den beruflichen Anforderungen besser zu begegnen und ihre berufliche Kommunikation angemessener, nachhaltiger und effektiver zu gestalten. Die GAL hilft dabei aktiv mit: Sie hat es sich schließlich zum Ziel gesetzt, „Aktivitäten und Initiativen [zu bündeln], die sich auf die Erforschung und Optimierung von Kommunikationsprozessen im Alltag und in professionellen Anwendungsfeldern richten.“

Ein Professionalisierungsprozess hat beispielsweise im Bereich des Gerichtsdolmetschens in der Schweiz stattgefunden: Dort müssen Dolmetscherinnen und Dolmetscher seit einigen Jahren Mindestqualitätsstandards erfüllen. Dazu zählen nicht nur der Nachweis ausgezeichneter Sprachkenntnisse, sondern auch juristische Fachkenntnisse und das sichere Beherrschen und Anwenden verschiedener Dolmetschtechniken. Laura Wendinger und Rusana Temenderova haben uns davon berichtet, wie Angewandte Linguistinnen und Linguisten die Dolmetschqualität verbessert haben.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten dokumentieren!

Sammeln, speichern, Forschungsgrundlagen schaffen – das ist der Tätigkeitsbereich Dokumentieren. Johanna Gindl und Simone Voran haben uns diesen Tätigkeitsbereich vorgestellt und dabei insbesondere darauf hingewiesen, wie essentiell Dokumentationsprozesse für alle angewandt-linguistischen Forschungsprozesse sind. Wer beispielsweise untersuchen will, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Sprache hat, muss zunächst den Sprachgebrauch vor und während der Pandemie dokumentieren. Das macht aktuell zum Beispiel das Institut für deutsche Sprache (IDS) in Mannheim mit seinem Glossar „Neuer Wortschatz rund um die Coronapandemie“.

Für Deutschlehrer und -lehrerinnen ist das Projekt „KoKo – Bildungssprache im Vergleich: korpusunterstützte Analyse der Sprachkompetenz bei Lernenden im deutschen Sprachraum“ besonders interessant. Angewandte Linguistinnen und Linguisten haben ein Korpus, also eine linguistisch aufbereitete Textsammlung, erstellt. Daria Wojtkowiak und Di Sun haben uns berichtet, dass das Korpus über 1000 Schulaufsätze beinhaltet und so empirisch begründete und detaillierte Aussagen über die Schreibkompetenzen von Schülerinnen und Schülern erlaubt.

Angewandte Linguistik ist vielseitig!

Das macht die Angewandte Linguistik so spannend! Wir finden: Da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Welcher Tätigkeitsbereich oder welches Projekt hat Sie am meisten fasziniert? Wir freuen uns darauf, bei der GAL-WÜ 21 mit Ihnen darüber ins Gespräch zu kommen.

Sie können gar nicht genug von der Angewandten Linguistik bekommen? Wir auch nicht! Deshalb haben wir parallel zum Blogprojekt fleißig an unserer Ausstellung gearbeitet. Diese präsentieren wir Ihnen (virtuell) ab dem 15. September. Wir freuen uns, wenn Sie dann wieder vorbeischauen!

Bis dann!

Ihr #galwue21-Blogteam

Sind Sie jetzt Profi für die Angewandte Linguistik?

Das Abschlussquiz des #galwue21-Blogprojekts

In unserem #galwue21-Blogprojekt haben wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik gezeigt! Dazu gaben wir Antworten auf die Frage: Was machen Angewandte Linguistinnen und Linguisten eigentlich?

Sie haben Woche für Woche auf einen neuen Blogbeitrag gewartet und unser #galwue21-Blogprojekt eifrig verfolgt? Dann ist es für Sie sicher ein Klacks, unser Abschlussquiz zu bewältigen! Wir haben vierzehn Fragen für Sie vorbereitet – passend zu unseren bisher veröffentlichten Blogbeiträgen.

Die Auflösung gibt’s in der nächsten Woche. Viel Spaß!  

Testen Sie Ihr Wissen!

Wie viele Tätigkeitsfelder der Angewandten Linguistik unterscheiden wir?

(a) 5 Tätigkeitsfelder
(b) 6 Tätigkeitsfelder
(c) 8 Tätigkeitsfelder

In unserem Blogprojekt haben wir Angewandte Linguistik als eine Teildisziplin der Linguistik definiert. Diese Teildisziplin beschäftigt sich mit Sprache und Kommunikationsprozessen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie.

(a) Das stimmt!
(b) Nein, das stimmt so nicht.

Wenn sich Angewandte Linguistinnen und Linguistinnen fragen, welches sprachliche Wissen wem wie vermittelt werden soll, dann üben Sie dabei (nach unserer Definition) welche angewandt-linguistische Tätigkeit aus?

(a) Sie beraten.
(b) Sie diagnostizieren.
(c) Sie lehren.
(d) Sie klären auf.

Wer forscht zum „Neuen Wortschatz rund um die Coronapandemie“ und pflegt diesen neuen Wortschatz in eine Neologismendatenbank ein?

(a) Das IDS in Mannheim.  
(b) Die Uni Kassel.
(c) Der IAC in Würzburg.
(d) Das AWb in Leipzig.

Angewandte Linguistik erstreckt sich auch über Berufe, die Krankheiten diagnostizieren und therapieren. Angewandte Linguistinnen und Linguisten haben ein Programm entwickelt, das mittels Sprachtherapie Schlaganfälle und daraus entstehende Hirnschädigungen verhindern kann.

(a) Schön wär’s!
(b) Ja klar!

Angewandte Linguistinnen und Linguisten klären über sprachliche Probleme und Kommunikationsschwierigkeiten auf! Dazu spüren sie solche Probleme und Schwierigkeiten auf. Auf welches Problem macht eine Studie der Universität Hohenheim aufmerksam?

(a) Beamte sprechen Fachtermini häufig zu schnell aus. In telefonischen Beratungs- und Auskunftsgesprächen können sie daher gerade von Nicht-Muttersprachlern nur schwer verstanden werden.
(b) Lange Sätze, Schachtelsätze, Wortungetüme und nicht erklärte Fachbegriffe erschweren den Bürgerinnen und Bürgern die Aufnahme von Informationen zur Corona-Pandemie.
(c) Das Gendern mit Sonderzeichen kann von automatischen Spracherkennungsprogrammen nicht ausgelesen werden, weshalb es zukünftig große Probleme verursachen wird.   

Um den Deutscherwerb von Schülerinnen und Schülern bestmöglich fördern zu können, muss zunächst ihr Sprachniveau bestimmt werden. Welches angewandt-linguistische Projekt bietet ein Analyseinstrumentarium, um die Erwerbsstufe zu bestimmen?

(a) PLAN
(b) Deutsch & PC
(c) PENGuiN
(d) Deutsch & DaZ

Manche Kinder beginnen nur zögerlich mit der Produktion von Wörtern und entwickeln ihren Wortschatz langsamer als andere Gleichaltrige. Der „Wortschatzboom”, der im zweiten Lebensjahr auftreten sollte, bleibt aus. Wie nennt man dieses Krankheitsbild?

(a) Sprachproduktions- und rezeptionsstörung
(b) Sprachbehinderung
(c) Lernbehinderung
(d) Sprachentwicklungsstörung

Wie heißt das Projekt, für das Nathalie Bauer der GAL-Förderpreis 2020 verliehen wurde? 

(a) „Empathie in medizinischen Interaktionen – eine gesprächsanalytische Untersuchung“
(b) „Prosodie in fachkommunikativen Zusammenhängen – eine linguistische Untersuchung“
(c) „Euphorie in fachkommunikativen Interaktionen – eine gesprächsanalytische Untersuchung“
(d) „Pessimismus auf Patientenseite – eine linguistische Untersuchung medizinischer Beratungsgespräche“

Beamtendeutsch ist manchmal ganz schön kompliziert. Was bedeutet das schöne Wort „Spontanvegetation“?

(a) Krankheit mit unklarer Ursache
(b) Unkraut
(c) Person, die sich mal vegetarisch, mal nicht-vegetarisch ernährt

Die GAL hat es sich zum Ziel gesetzt, Aktivitäten und Initiativen zu bündeln, die sich auf die Erforschung und Optimierung von Kommunikationsprozessen im Alltag und in professionellen Anwendungsfeldern richten.

(a) Das ist richtig!
(b) Das stimmt so nicht!

Was ist „KoKo“?

(a) Eine Textsammlung, die konsonantische Fehler bei Schlaganfallpatienten dokumentiert.
(b) Ein Projekt schwedischer Linguistinnen und Linguisten, das karibische Sprachen dokumentiert.
(c) Eine Datensammlung, die fachsprachliche Termini erläutert.
(d) Ein linguistisches Korpus, das Schülertexte beinhaltet.

Dolmetscherinnen und Dolmetscher erfüllen eine verantwortungsvolle Aufgabe vor Gericht. Deshalb ist es wichtig, dass sie professionell dolmetschen können. Angewandte Linguistinnen und Linguisten unterstützen sie dabei. Was sollten sie dabei beachten?

(a) Ausgezeichnete Sprachkenntnisse sind zwingend nötig, ebenso die Kenntnis juristischer Fachbegriffe.
(b) Dolmetscherinnen und Dolmetscher müssen sich in die Personen, deren Aussagen sie übersetzen, einfühlen können.
(c) Aussagen müssen präzise zusammengefasst werden, um keine Zeit mit einer wortgetreuen Übersetzung zu verlieren.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten arbeiten sogar beim BKA! Dort sind sie in welchen Abteilungen tätig?

(a) In den Abteilungen Textlinguistik, phonetische Analyse und graphematische Forensik.
(b) In den Abteilungen Handschriftenerkennung, Sprechererkennung und Autorenerkennung.
(c) In den Abteilungen Sprachprofilanalyse, Gesprächsanalyse und Handschriftenerkennung.

Geschafft!

Gar nicht so einfach? In der nächsten Woche verraten wir Ihnen in einem kleinen Rückblick die richtigen Antworten. Sie dürfen aber natürlich auch gern selbst noch einmal recherchieren: Die Lösungen sind allesamt in unseren Blogbeiträgen versteckt!

Ihr

#galwue-21-Blogteam  

Angewandte Linguistinnen und Linguisten vor Gericht!

Ein Projekt aus dem Tätigkeitsfeld Professionalisieren

In unserem #galwue21-Blogprojekt zeigen wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik! Im letzten Blogbeitrag haben wir Ihnen das Tätigkeitsfeld „Professionalisieren“ vorgestellt. Heute zeigen wir Ihnen ein angewandt-linguistisches Projekt aus diesem Tätigkeitsfeld. Viel Spaß!

Dolmetschen wird zunehmend zum Alltag an Schweizer Gerichten

Wenn nicht alle Beteiligten eines Gerichtsverfahrens die Gerichtssprache beherrschen, kommen Dolmetscher und Dolmetscherinnen zum Einsatz. Sie helfen bei der Kommunikation vor Gericht. Das Dolmetschen an Gerichten erweist sich aus unterschiedlichen Gründen als eine besonders komplexe und anspruchsvolle Tätigkeit:

  • Rollenklarheit: Die Dolmetschenden fungieren als Vermittler zwischen den Behörden und der angeklagten Partei in einer sehr heiklen Situation und müssen deswegen emotionslos bleiben.
  • Sinngenaue Verdolmetschung: Von den Dolmetschern und Dolmetscherinnen wird eine schnelle, präzise und fachlich exakte Verdolmetschung verlangt.
  • Spezifisches Setting: Die Kontaktsituationen sind formell und erfordern eine direkte und sachliche Verdolmetschung.

Was muss man können, um am Gericht zu verdolmetschen?

Ausgezeichnete Sprachkenntnisse sowohl der Muttersprache als auch einer weiteren Fremdsprache sowie das sichere Beherrschen und Anwenden verschiedener Dolmetschtechniken sind notwendig, um als Dolmetscherin oder Dolmetscher tätig zu sein. Diese sind aber oft nicht ausreichend, um die Verdolmetschungstätigkeit auch vor Gericht professionell ausüben zu können!

Dolmetscherinnen und Dolmetscher müssen darüber hinaus auch juristische Fachkenntnisse haben und die Sprache und insbesondere die Terminologie des Rechtswesens sicher beherrschen. Dazu müssen sie zum Beispiel wissen:

  • Wer kann wen warum anklagen – und welche Strafmaßnahmen sind zu erwarten?
  • Welche Ausdrücke sind spezifisch für die Rechtssprache und was bedeuten sie? Was ist beispielsweise der Unterschied zwischen Appellation und Beschwerde?
  • Wie kann ich juristische Fachausdrücke in die Zielsprache übertragen?
  • Und vieles mehr!

Wie kann die Angewandte Linguistik helfen?

Um diese und andere Wissenslücken zu füllen, entwickelte eine Fachgruppe bestehend aus den Vertretern der Gerichte, der Staatsanwaltschaften, der Polizei und des Migrationsamt des Kantons Zürich zusammen mit dem Institut für Übersetzen und Dolmetschen (IUED) der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZAHW) einen zweieinhalbtägigen Kurs für Behörden- und Gerichtsdolmetscher bzw. -dolmetscherinnen.

Dieser „Basiskurs für Behörden und Gerichtsdolmetscher“ vermittelt Grundwissen zur Berufsethik und zur Rolle der Dolmetschenden vor Gericht, verschiedene Dolmetschtechniken – zum Beispiel das Konsekutiv- oder Flüsterdolmetschen, aber auch das Stegreifübersetzen – und natürlich auch Fachwissen aus dem Rechtsbereich.

Geübt werden insbesondere Abläufe bei gerichtlichen Verfahren, Recherche- und Arbeitstechniken, Fachterminologie sowie Strategien der emotionalen Abgrenzung. Es unterrichten erfahrene Experten und Expertinnen aus den Bereichen Justiz, Polizei, Asyl und Migration sowie Dolmetschprofis der Angewandten Linguistik. Der Kurs basiert auf den Erkenntnissen angewandt-linguistischer Forschung, zum Beispiel auf dem Einführungswerk zum Gerichtsdolmetschen von Frau Prof. Dr. Christiane Driesen.

Im Kurs lernen Dolmetscherinnen und Dolmetscher lernen also, den Anforderungen des Gerichtsdolmetschens zu begegnen. Angewandte Linguistinnen und Linguisten unterstützen sie in diesem Professionalisierungsprozess. Übrigens: Auch in der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) e. V. beschäftigt sich eine Sektion mit der Professionalisierung der Dolmetschtätigkeit: die Sektion Übersetzungs- und Dolmetschwissenschaft.

Also darf nicht jede/r als Dolmetscherin oder Dolmetscher vor Gericht auftreten?

Das kommt darauf an! Im Kanton Zürich zum Beispiel ist das nicht (mehr) der Fall. Dort wurde 2004 eine Verordnung über das Dolmetscher- und Übersetzungswesen beschlossen. Diese Verordnung regelt „sämtliche Aufträge zur mündlichen Übersetzung (Dolmetschen) und schriftlichen Übersetzung, die von kantonalen Gerichts- und Verwaltungsbehörden erteilt werden“ (§ 1 DolmV). Sie beinhaltet vor allem gesetzlich festgelegte Mindestqualitätsstandards für die eingesetzten Dolmetscherinnen und Dolmetscher.

Und wer überprüft, ob die Dolmetscherinnen und Dolmetscher diese Mindestqualitätsstandards erfüllen? Na Angewandte Linguistinnen und Linguisten! Das erfolgreiche Bestehen des eben beschriebenen Basiskurses ist Voraussetzung, um im Kanton Zürich als Dolmetscherin oder Dolmetscher vor Gericht tätig zu werden. Im Zeitraum 2004 bis 2011 nahmen 928 Personen an den 51 durchgeführten Kursen und den dazugehörigen Prüfungen teil.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten entwickelten auch ein Merkblatt mit, das als eine Orientierung bzw. Unterstützung für die anspruchsvolle Tätigkeit der Dolmetschenden bei Behörden und Gerichten dient. Dieser „Leitfaden für Dolmetscherinnen und Dolmetscher“ definiert die Voraussetzungen für die Aufnahme ins Züricher Dolmetscherverzeichnis über drei Kriterien: persönliche Voraussetzungen wie zum Beispiel die juristische Handlungsfähigkeit oder auch Pünktlichkeit, ethische und rechtliche Voraussetzungen wie zum Beispiel Neutralität oder das Einhalten der Schweigepflicht sowie fachliche und sprachliche Voraussetzungen wie zum Beispiel juristische Fachkenntnisse und das sichere Beherrschen von Dolmetschtechniken.

Nicht nur Hilfe für Dolmetschende, sondern auch für Richterinnen und Richter       

Die Dolmetschprofis der ZHAW halfen auch bei der Erstellung eines Merkblatts für Richterinnen und Richter: „Dolmetscheinsätze bei Behörden und Gerichten – Tipps und Tricks für eine (noch) erfolgreiche(re) Zusammenarbeit mit Dolmetscher/innen“.

Angewandt-linguistische Forschung konnte zeigen, dass das Dolmetschen eine hochkomplexe kognitive Tätigkeit ist, die in einen vielschichten Kommunikationsprozess eingebettet ist. Das Merkblatt hilft den Gerichten dabei, solche situativen Faktoren bei der Auswahl der Dolmetscherinnen und Dolmetscher und der Kooperation mit ihnen zu berücksichtigen.

Das Merkblatt nennt verschiedene „Erfolgsfaktoren“, die einen professionellen und zielführenden Ablauf des Dolmetscheinsatzes gewährleisten sollen:

Professionalisierung des Gerichtsdolmetschens

Beide Merkblätter – das für Dolmetscherinnen und Dolmetscher, aber auch das für die Gerichtsangehörigen – verfolgen also dasselbe Ziel: den professionellen Ablauf der Kommunikationsabläufe in einem äußerst sensiblen Bereich, nämlich der Kommunikation vor Gericht.

Die Zusammenarbeit der Züricher Gerichte mit Angewandten Linguistinnen und Linguisten als Experten für die angemessen Übersetzung und Verdolmetschung und die Umsetzung dieser Zusammenarbeit in Qualitätsstandards ist ein Beispiel für eine erfolgreiche Professionalisierungsmaßnahme im Bereich Sprache und Kommunikation.

Die Autorinnen:

Laura Wendinger – studiert Germanistik und Geographie auf Lehramt. Sie interessiert sich also nicht nur für Gesteinsarten, sondern auch für die Angewandte Linguistik!

Rusana Temenderova – Teilnehmerin des Seminars „Angewandte Linguistik“ im Sommersemester 2021.

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Ready for Takeoff: Sprache professionalisieren und Kommunikationsprozesse optimieren

Angewandte Linguistik und das Tätigkeitsfeld Professionalisieren

In unserem #galwue21-Blogprojekt zeigen wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik! Dazu geben wir Antworten auf die Frage: Was machen Angewandte Linguistinnen und Linguisten eigentlich?

Zwei Flugzeuge kollidieren kurz nach dem Start. 583 Menschen sterben. Linguistinnen und Linguisten sagen: Das Unglück hätte vermieden werden können. Was ist passiert?

Im März 1977 warten auf dem Flughafen Teneriffas zwei Jumbo-Jets auf ihre Starterlaubnis: eine Maschine der niederländischen Airline KLM und eine US-amerikanische Maschine der Airline PanAm. Während die KLM-Maschine bereits ihre Position am Beginn der Startbahn eingenommen hatte, suchte die PanAm-Maschine noch ihre Warteposition und rollte dazu über eben jene Startbahn, an deren Beginn die KLM-Maschine bereits wartete.

Der Tower kommunizierte währenddessen mit der Besatzung der KLM-Maschine:

(…)

KLM-Copilot: „Eh the KLM four eight zero five is now ready for takeoff and eh we are waiting for our ATC clearance.“

Teneriffa-Tower: „KLM eight seven zero five eh you are cleared to the Papa beacon climb to and maintain flight level nine zero right turn after takeoff proceed with heading zero four zero until intercepting the three ~NO five radial from Las Palmas VOR.“

KLM-Copilot: „eh Roger Sir we are cleared to eh the Papa beacon flight level nine zero right turn out zero four zero until intercepting the three two five. We are now (eh taking off).“

(…)

(Auszüge aus dem Aircraft Accident Report (1977: 42), zitiert nach Kriele (2017: 209))

Problematisch sind die hervorgehobenen Formulierungen takeoff bzw. taking off: Diese waren damals noch doppeldeutig. Während die Piloten der KLM-Maschine davon ausgingen, um die Starterlaubnis zu bitten, dachte der Tower, sie würden lediglich kommunizieren, am Startpunkt angekommen und abflugbereit zu sein. Das Missverständnis konnte nicht rechtzeitig aufgelöst werden – die KLM-Maschine startete und prallte auf die sich noch auf der Startbahn befindende PanAm-Maschine.

Was hätte Linguistik tun können?

Angewandte Linguisten und Linguistinnen professionalisieren. Das bedeutet, dass sie Berufsgruppen, die sich mit Sprache und Kommunikation befassen, Wissen und Kompetenzen vermitteln, die ihnen helfen, zukünftig ihre schriftliche und mündliche Sprache sowie Kommunikationsprozesse zu verbessern. Dazu analysieren Angewandte Linguistinnen und Linguisten zunächst das vorliegende Problem und benennen seine sprachliche Ursache. Anschließend erarbeiten sie Lösungsansätze, zum Beispiel in Form von Fortbildungen, Handreichungen oder Software. Das Problem kann so gelöst oder zukünftig vermieden werden.

Im Falle des oben beschriebenen Flugzeugunglücks war die Konsequenz, neue, eindeutigere und vor allem standardisierte Funkphrasen zu entwickeln – also eine einheitliche Terminologie vorzugeben, die die Kommunikation im entsprechenden Bereich klarer macht. Abflugbereitschaft wird nun mit der Phrase „ready for departure“ signalisiert, die Starterlaubnis wird mit der Phrase „cleared for takeoff“ erteilt. Damit können fatale Missverständnisse, wie sie sich 1977 in Teneriffa ereignet haben, vermieden werden.

(Beispiel entnommen aus: Kriele, Christian (2017): Terminologie in der Fachkommunikation. In: Perrin, Daniel; Kleinberger, Ulla: Doing Applied Linguistics. Berlin, Boston: De Gruyter, S. 207-212.)

Vielfältige Professionalisierung von Sprache und Kommunikation

Natürlich geht es nicht immer um Leben und Tod. Eine Professionalisierung von Sprache und Sprachgebrauch – gerade im Hinblick auf eine Effizienzsteigerung von Kommunikation – ist in zahlreichen Zusammenhängen gefragt.

Erinnern Sie sich beispielsweise noch an den Dreiseitenkipper aus dem Blogbeitrag, in dem es um das Thema Beraten ging? Da kann man sich schon mal über das „Beamtendeutsch“ ärgern. Oder über das „Juristendeutsch“, wenn man in einer neuen Corona-Verordnung einen Satz dreimal lesen musste, um ihn zu verstehen. Vielleicht haben Sie auch schon mal einen Zeitungsartikel oder eine Werbeanzeige gelesen und waren über die ein oder andere Formulierung entsetzt. Gute und richtige Kommunikation ist für verschiedenste Berufsgruppen unerlässlich, um für Klarheit zu sorgen und das Miteinander gestalten zu können – und dabei kann Angewandte Linguistik durch Professionalisierungsangebote helfen.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten unterstützen nicht nur dabei, verständliche(re) schriftliche oder mündliche Texte zu produzieren, sondern sind auch beteiligt an der Entwicklung barrierearmer und barrierefreier Sprachformen, an der Weiterentwicklung maschineller Sprachverarbeitung, am Aufbau von Terminologiedatenbanken und -richtlinien und vielem mehr.

Angewandt-linguistisches Professionalisieren hat dabei das Ziel, Menschen zu befähigen, den beruflichen Anforderungen besser zu begegnen und die berufliche Kommunikation angemessener, nachhaltiger und effektiver zu gestalten.

Das Tätigkeitsfeld Professionalisieren und die GAL

Das Professionalisieren ist so auch aus Sicht der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) e. V. eine zentrale angewandt-linguistische Tätigkeit. Die GAL hat es sich zum Ziel gesetzt, „Aktivitäten und Initiativen [zu bündeln], die sich auf die Erforschung und Optimierung von Kommunikationsprozessen im Alltag und in professionellen Anwendungsfeldern richten“ (GAL e. V.). Sektionen wie die Fachkommunikation oder die Übersetzungs- und Dolmetschwissenschaft befassen sich explizit mit der Professionalisierung von Sprache und Kommunikationsprozessen in beruflichen Kontexten – auch bei der #galwue21! Schauen Sie doch mal ins Programm!

Die Autorin:

Leonie Kampmann – von Tocharisch über Französisch bis hin zu Sindarin – sie findet alle Sprachen faszinierend!

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Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung, Ausdruck – Aus Fehlern lernen!

Ein Projekt aus dem Tätigkeitsfeld Dokumentieren

In unserem #galwue21-Blogprojekt zeigen wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik! Im letzten Blogbeitrag haben wir Ihnen das Tätigkeitsfeld „Dokumentieren“ vorgestellt. Heute zeigen wir Ihnen ein angewandt-linguistisches Projekt aus diesem Tätigkeitsfeld. Viel Spaß!

Geben Sie mir Ihre Addresse oder Adresse an? Hier herrscht eine großartige Athmosphäre oder Atmosphäre? Feiern wir Sylvester oder Silvester?

Was wissen Sie noch aus Ihrer Schulzeit?

Testen Sie Ihr Wissen hier!

Von Rechtschreibung, Zeichensetzung und Argumentationsaufbau – Sprachkompetenzen in der Schule

Angesichts scharfer globaler Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt werden Sprachkompetenzen als Schlüsselkompetenzen in der Ausbildung und im Beruf wahrgenommen. Sie sind daher zentraler Bestandteil der schulischen Ausbildung: In der Schule lernen Kinder und Jugendliche, wie man korrekt schreibt, wie man sich situationsangemessen ausdrückt und wie man Texte so aufbaut, dass sie vom Leser oder der Leserin leicht verstanden werden können.

Lehrkräfte müssen dazu typische Problemfelder beim Erwerb und Ausbau von Sprachkompetenzen kennen und gleichzeitig den Lernfortschritt ihrer Schülerinnen und Schüler beurteilen können. Nur so ist eine optimale Förderung der Sprachkompetenzen der Schülerinnen und Schüler möglich.

Wie kann Angewandte Linguistik bei diesem Problem helfen?

Angewandte Linguistinnen und Linguisten sehen hier nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein sprachwissenschaftliches „Problem“: Die Sprachkompetenz von Schülerinnen und Schülern wird meistens anhand schriftlicher Texte bewertet – Schülerinnen und Schüler müssen Aufsätze schreiben, bei denen sie Probleme erörtern, Literatur beschreiben, ihre Meinung darlegen usw.

Was aber sind „gute“ und was sind „schlechte“ Schulaufsätze? Was sind „typische“ Fehler von Schülerinnen und Schülern? Diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn man sich ganz, ganz viele Schulaufsätze anschaut, nicht nur die einer Klasse – denn das ist nicht repräsentativ. Das ist der Knackpunkt: Es gibt bislang keine frei zugängliche Textsammlung, ein sog. Korpus, in dem eine repräsentative Anzahl von Schülertexten enthalten ist.

Jetzt tritt die Angewandte Linguistik in Aktion!

Im Jahr 2011 bearbeiteten 1511 Oberschülerinnen und Oberschülern aus Südtirol, Nordtirol und Thüringen diese Erörterungsaufgabe:

http://docplayer.org/76856419-Koko-bildungssprache-im-vergleich-korpusunterstuetzte-analyse-der-sprachkompetenz-bei-lernenden-im-deutschen-sprachraum-ein-ergebnisbericht.html (S. 9)

Die Angewandten Linguistinnen und Linguisten aus dem Projekt KoKo (Bildungssprache im Vergleich: korpusunterstützte Analyse der Sprachkompetenz bei Lernenden im deutschen Sprachraum) rund um Andrea Abel haben die Aufsätze gesammelt und weiter aufbereitet. Dabei wurden grammatische Fehler, lexikalische Auffälligkeiten, Orthographiefehler und textstrukturelle Eigenheiten manuell annotiert, also markiert und mit Anmerkungen versehen. Außerdem wurden automatisch Wortarten, die Komplexität von Sätzen und einiges mehr bestimmt.

Zusätzlich stehen für alle Texte personenbezogene Metadaten wie etwa Erstsprache, Geschlecht, Schultyp, Herkunftsregion und Deutschnote zur Verfügung. Sie ermöglichen eine detailliertere Interpretation der Ergebnisse der Textanalysen.

So entstand ein umfassend sprachwissenschaftlich annotiertes Lernerkorpus deutscher Schülertexte, nämlich das KoKo-Korpus.

Linguistische Nutzung des KoKo-Korpus

Das Koko-Korpus ist für Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler interessant, weil es empirisch begründete und detaillierte Aussagen über die Schreibkompetenzen von Schülerinnen und Schülern erlaubt. So kann es Antworten auf die Frage bieten, was eigentlich „typisch“ für Schülertexte ist: Was sind „typische“ Formulierungen, was sind „typische“ Fehler in Schüleraufsätzen?

Dazu wurden verschiedene sprachliche Ebenen betrachtet. Eine Analyse der Orthographie zeigt beispielsweise, dass vielen Schülerinnen und Schülern die dass– vs. das-Schreibung schwer fällt, aber auch die Groß- und Kleinschreibung, die Getrennt- und Zusammenschreibung und die Kommasetzung. Als Ursache machen die Linguistinnen und Linguisten vor allem fehlendes Grammatikwissen aus: Wer Haupt- und Nebensatz nicht richtig unterscheiden und die Satzfunktion nicht erkennen kann, dem fällt beispielsweise auch die Unterscheidung zwischen dass– und das-Schreibung und die korrekte Kommasetzung schwer.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten, die im Bereich Lehren tätig sind (+ Link zum Blog) können basierend auf solchen Analyseergebnissen spezifische Unterrichtsmaterialien und -empfehlungen erstellen. Die Ergebnisse zeigen dabei, dass implizites Sprach- und Grammatikwissen oft nicht ausreicht, sondern explizites Sprach- und Grammatikwissen notwendig ist. Diese Erkenntnis lässt sich unmittelbar auf die Auswahl des zu vermittelnden Lernstoffes seitens der Lehrkräfte übertragen: Es braucht mehr Sprachwissenschaft in der Schule! 🙂

Das KoKo-Korpus als Lösung eines Real-World-Problems

Das KoKo-Korpus kann also langfristig auch für Nicht-Linguistinnen und Nicht-Linguisten eine große Hilfe sein: Lehrkräfte können die Texte, die ihre Schülerinnen und Schüler produzieren, mit denen vergleichen, die im KoKo-Korpus enthalten sind – oder mit Ergebnissen der Auswertung des KoKo-Korpus. Das erlaubt eine wesentlich präzisere Einschätzung des Leistungsniveaus des einzelnen Schülers bzw. der einzelnen Schülerin. Und es erlaubt Lehrkräften auch eine Unterrichtsvorbereitung, die präventiv auf typische Fehler und Probleme eingeht. Dazu wird das KoKo-Korpus laufend verbessert, erweitert und aktualisiert – und natürlich aus verschiedenen Perspektiven sprachwissenschaftlich ausgewertet. Neugierig? Hier finden Sie weitere Ergebnisse des Projekts!

Die Autorinnen:

Daria Wojtkowiak – studiert im Masterstudiengang Germanistik als Fremdsprachenphilologie und hat sich dabei noch mehr in deutsche Sprache verliebt. Immer häufiger landen deshalb auch unbewusst deutsche Wörter in ihren polnischen Gesprächen.

Di Sun – Bachelor-Studentin der Germanistik und Wirtschaftswissenschaft, die viel Spaß an der Sprachwissenschaft hat. Vorher hatte sie ein bisschen Angst davor, keine passende Arbeit zu finden, doch dann traf sie auf Angewandte Linguistik. Jetzt fühlt sie sich viel sicherer.

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Kennen Sie den Unterschied zwischen Not-Halt und Not-Aus?

Angewandte Linguistik und das Tätigkeitsfeld Dokumentieren

In unserem #galwue21-Blogprojekt zeigen wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik! Dazu geben wir Antworten auf die Frage: Was machen Angewandte Linguistinnen und Linguisten eigentlich?

Not-Halt und Not-Aus. Ist das nicht dasselbe? Nein – denn die Unterscheidung der beiden Begriffe ist im Arbeitsalltag vieler Menschen durchaus von hoher Relevanz. So macht es beispielsweise an der Postsortierungsmaschine einen erheblichen Unterschied, ob der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin den Not-Halt- oder den Not-Aus-Knopf drückt. Diese Nuancierungen in der Fachsprachenterminologie können neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon mal irritieren – und da kommt das Tätigkeitsfeld „Dokumentieren“ der Angewandten Linguistik ins Spiel.

Um diese Feinheiten ausdifferenzieren zu können, müssen Angewandte Linguistinnen und Linguisten den Sprachgebrauch einer spezifischen Berufsgruppe zunächst beobachten und diese Beobachtungen festhalten. Dafür dokumentieren sie sowohl den gesprochenen als auch den geschriebenen Sprachgebrauch. Das bedeutet, dass sie sprachliche Äußerungen sammeln und diese anschließend präzise darstellen und fixieren.

Dazu verknüpft die linguistische Dokumentation fachliche Bereiche wie Sprachkorpuserstellung, Lexikographie, Fachkommunikation und Terminologiewissenschaft. Aus diesen Dokumentationsprozessen resultieren Sprachkorpora, Wörterbücher, Datenbanken, Terminologielisten und auch Anleitungen zu sprachlichem Handeln. Davon profitieren nicht nur die Gesellschaft, sondern auch Wirtschaft und Industrie.

Zugleich bildet die Dokumentation auch die Basis für nahezu alle Tätigkeitsfelder der Angewandten Linguistik. Zum Beispiel wird sowohl in der Sprachtherapie als auch in einem Workshop zu angemessener Rhetorik auf Daten der Dokumentation zurückgegriffen. Dabei eröffnet die Digitalisierung dem Tätigkeitsfeld Dokumentieren neue Chancen der Speicherung, Abrufbarkeit und Aufbereitung großer linguistischer Datenmengen, wodurch der Prozess des Dokumentierens beschleunigt werden kann.

Korpusarbeit als Dokumentationsprojekt

Ein essentielles Standbein des Dokumentierens ist die Korpusarbeit. Dabei werden authentische Sprachdaten – gesprochene und geschriebene – nach linguistischen Kriterien gesammelt und methodisch aufbereitet. Daraus resultieren umfassende Textsammlungen bzw. Datenbanken, die als Sprachkorpora bezeichnet werden. Eine Institution im deutschen Sprachraum ist das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS). Dort stehen zahlreiche Korpora zur Verfügung, wie beispielsweise ein Korpus zu politischen Reden. Anhand dieser umfänglichen Textsammlungen können weitere Fragestellungen entwickelt und diesen nachgegangen werden. So kann z. B. eine klare Abgrenzung sowie die unterschiedliche Verwendung der Begriffe Gesetz, Maßnahme, Regel und Verordnung erforscht werden.

Lexikographie als Dokumentationsprojekt

Ergebnisse von lexikalischen Dokumentationsprojekten können u. a. elektronische oder gedruckte Wörterbücher oder Handreichungen zu unterschiedlichen Themen sein. Eine zentrale Forschungseinrichtung dafür ist das Institut für deutsche Sprache (IDS) in Mannheim. „Es hat die Aufgabe, die deutsche Sprache in ihrem gegenwärtigen Gebrauch und in ihrer neueren Geschichte wissenschaftlich zu erforschen und zu dokumentieren“ (https://gal-ev.de/ueber-die-gal/angewandte-linguistik/). Ein aktuelles Beispiel des IDS ist das Glossar „Neuer Wortschatz rund um die Coronapandemie“, welches Wörter enthält, die im Verlauf der Pandemie neu aufgetreten sind oder umgedeutet wurden. Diese stammen aus authentischen Textquellen, werden nach lexikalischen Kriterien aufbereitet und können durchaus kurios sein. Projektleiterin Annette Klosa-Kückelhaus gefällt beispielsweise besonders gut der „Hygienehaken“.

Und warum ist die Unterscheidung zwischen Not-Halt und Not-Aus nun so wichtig?

In der Fachsprache der Maschinentechnik bezeichnet Not-Halt lediglich den Schnellstopp der Antriebe, sodass die Maschine zum Stehen kommt. Dahingegen wird bei Betätigung des Not-Aus-Schalters die Spannungsversorgung unterbrochen. Je nachdem wie gravierend der Notfall ist, muss also ein anderer Schalter betätigt werden. Wenn sich also mal ein Brief in der Postsortiermaschine verfängt, welchen Schalter würden Sie wählen?

Die Autorinnen:

Johanna Gindl liebt es, andere Menschen ungefragt mit sprachwissenschaftlichen Fakten zu überhäufen.

Simone Voran hat soeben ihre BA Thesis abgegeben und will anschließend einen Master in Angewandter Linguistik anfangen.

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Zwischen Erpresserbrief und Einkaufszettel

Ein Projekt aus dem Tätigkeitsfeld Beraten

In unserem #galwue21-Blogprojekt zeigen wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik! Im letzten Blogbeitrag haben wir Ihnen das Tätigkeitsfeld „Beraten“ vorgestellt. Heute zeigen wir Ihnen ein angewandt-linguistisches Projekt aus diesem Tätigkeitsfeld. Viel Spaß!

Solche Erpresserbriefe kennen wir vor allem aus Filmen und Fernsehserien. Im echten Leben finden wir hoffentlich niemals einen im Briefkasten – wenn das aber doch passiert, dann wollen wir natürlich sofort wissen, wer ihn verfasst hat und wie ernst man die Drohungen nehmen muss. Deshalb braucht die Kriminalpolizei Expertinnen und Experten, die wissen, was so ein Brief über den Täter oder die Täterin verraten kann. Eine solche Expertin ist zum Beispiel Dr. Eilika Fobbe. Sie berät als Angewandte Linguistin die Ermittlerinnen und Ermittler beim Bundeskriminalamt (BKA).

Angewandte Linguistinnen und Linguisten beim BKA?

Ja, wirklich! Täterinnen und Täter verraten sich nicht nur über DNA-Spuren oder Fingerabdrücke, die sie am Tatort zurücklassen. Auch die Art und Weise, wie sie sprechen oder schreiben, kann für die Polizei ein Hinweis sein, wer als Täterin oder Täter in Frage kommt. Im BKA arbeiten daher Angewandte Linguistinnen und Linguisten in den Abteilungen Handschriftenerkennung, Sprechererkennung und Autorenerkennung.

Will die Polizei ermitteln, wer den oben gezeigten Erpresserbrief verfasst hat, wird die Abteilung Autorenerkennung aktiv. Expertinnen und Experten wie Eilika Fobbe können auch aus sehr kurzen Texten wichtige Rückschlüsse auf den Urheber ziehen: Handelt es sich um eine/n oder mehrere Autorinnen oder Autoren, also um eine singuläre oder eine multiple/kollektive Autorschaft? Erkennt man muttersprachliche Sprachkompetenz? Welchen Bildungsstand hat der Autor bzw. die Autorin? Wie baut die Autorin bzw. der Autor seinen Text auf, wo liegt der Fokus der Mitteilung und wo der gedankliche Fokus der Autorin bzw. des Autors?

Forensische Textanalyse

Vielleicht habt ihr ja auch schon mal vom sogenannten „sprachlichen Fingerabdruck“ gehört, also von der Idee, dass der Sprachgebrauch eines jeden Menschen einzigartig sei und man daher einen Tatverdächtigen auf der Basis seiner Texte überführen könne. Eilika Fobbe und ihr Team wissen, dass es einen solchen „sprachlichen Fingerabdruck“ nicht gibt. Das wurde durch die sprachwissenschaftliche Forschung mehrfach bewiesen. In ihrem wissenschaftlichen Einführungsbuch in die forensische Linguistik stellt Eilika Fobbe klar:

Forensische Linguistinnen und Linguisten sammeln also Hinweise auf die Täterin bzw. den Täter, können ihn aber nicht allein auf der Grundlage linguistischer Analysen überführen.

Hinweise auf den Täter bzw. die Täterin gewinnen sie zum Beispiel aus dem Vergleich mit anderen, von den Tatverdächtigen verfassten Texten – und seien es nur Einkaufszettel. Wenn dort Epfel anstatt Äpfel auf der Liste stehen– also wie im Erpresserbrief <ä> und <e> vertauscht werden – dann wäre dieser übereinstimmende Fehler ein Indiz dafür, dass beide Texte aus der Feder derselben Person stammen. Natürlich muss damit gerechnet werden, dass Fehler absichtlich, als Teil einer Verstellungsstrategie, in den Text eingestreut werden. Im oben gezeigten Beispiel sieht man, dass zwar viele Orthographiefehler vorhanden sind, jedoch kaum Satzbaufehler. Dies könnte darauf schließen lassen, dass eine ausländische Herkunft nur vorgetäuscht wird.  

Eine forensische Textanalyse nimmt aber nicht nur Fehler in den Blick, sondern auch den Stil und die Textstruktur. Bei der Stilanalyse werden zum Beispiel Wortwiederholungen, auffällige Wortbildungen, Interpunktionsvorlieben usw. untersucht. Die Verwendung bestimmter Wörter und Formulierungen kann beispielsweise Rückschlüsse auf das Alter oder den Bildungsstand der Autorin bzw. des Autors zulassen.

Individuelle und textsortenspezifische Auffälligkeiten werden bei der Textstrukturanalyse gegeneinander abgewogen. Die Formulierung „keine Polizei, keine Tricks“ beispielsweise hat eine sehr geringe Aussagekraft über den Täter oder die Täterin, da sprachwissenschaftliche Untersuchungen der Textsorte Erpresserbrief bereits zeigen konnten, dass sie in fast allen Erpresserbriefen so oder so ähnlich enthalten ist.

Angewandt-linguistische Expertise im Gerichtsverfahren

Die Ergebnisse ihrer umfassenden Analysen halten die Angewandten Linguistinnen und Linguisten dann in Gutachten fest. Jedes linguistische Gutachten muss dabei die allgemeinen wissenschaftlichen Standards erfüllen – dazu gehört zum Beispiel, dass die verwendeten Analysemethoden beschrieben werden. Diese Gutachten werden entweder für die kriminalpolizeiliche Arbeit genutzt, also um Tatverdächtige zu ermitteln, oder sie werden vor Gericht eingesetzt, um die Schuld des/der Angeklagten mit zu beweisen. Eilika Fobbe betont dabei jedoch:

Angewandte Linguistinnen und Linguisten können auch als Expertinnen und Experten vom Gericht eingeladen werden. Als Sachverständige erklären sie dann, wie das sprachliche Beweismaterial zu verstehen ist, wie die sprachlichen Daten ausgewertet wurden und wie Linguistik als wissenschaftliche Disziplin arbeitet.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten auf Verbrecherjagd!

Jeder Text verrät viel über seine Verfasserin oder seinen Verfasser – und die angewandten Linguistinnen und Linguisten wissen, wonach sie suchen müssen! Auf der Basis ihrer linguistischen Expertise können sie alle beteiligten Institutionen von Polizei bis Justiz beraten. Wollt ihr mehr erfahren? Schaut doch mal in Eilika Fobbes Einführung in die Forensische Linguistik!

Der Autor:

Simon Panneke-Reelfs – mit Rat und Tat unterstützt von Viktorija Blazheska und Ann-Katrin Hüsing!

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Von Spontanvegetation und Dreiseitenkippern

Angewandte Linguistik und das Tätigkeitsfeld Beraten

In unserem #galwue21-Blogprojekt zeigen wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik! Dazu geben wir Antworten auf die Frage: Was machen Angewandte Linguistinnen und Linguisten eigentlich?

Angewandte Linguistinnen und Linguisten beraten. Das bedeutet, dass sie dabei helfen, sprachliche Probleme im Alltag, in der Wirtschaft oder auch in der Politik zu lösen. Oder wüssten Sie, was gemeint ist, wenn Spontanvegetation mithilfe eines Dreiseitenkippers transportiert wird?

Wer wird beraten?

Grundsätzlich kann natürlich jeder linguistische Beratung erbitten, der im Hinblick auf die korrekte Verwendung von Sprache oder die Gestaltung von Kommunikation Unsicherheiten verspürt. Dies kann die korrekte Verwendung von Fachausdrücken betreffen, die Anfertigung von Übersetzungen, die Kommasetzung (Wer kennt es nicht?) und, und, und. Die Angewandten Linguistinnen und Linguisten müssen auf Wissen aus den verschiedensten Teilbereichen der Sprachwissenschaft zurückgreifen – von der Stilistik und Textlinguistik über die Übersetzungs- und Dolmetscherwissenschaft bis hin zur Schreibwissenschaft. Viele dieser Bereiche sind ebenfalls Sektionen der Gesellschaft für Angewandte Linguistik e. V.!

Linguistische Beratung erfolgt auf Augenhöhe. Angewandte Linguistinnen und Linguisten sind Experten für die kommunikationsbezogenen oder sprachlichen Aspekte eines Problems, während die Beratung suchenden Personen, Unternehmen oder Institutionen natürlich Experten für die inhaltlichen Aspekte und Kontexte des Problems sind.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten beraten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

Die Angewandte Linguistin Dr. Karin Baya macht es vor: Als Unternehmensberaterin unterstützt sie Unternehmen auf der Basis ihrer linguistischen Expertise bei der Öffentlichkeits- und Medienarbeit. Bei der #galwue21 wird sie bei der Podiumsdiskussion „Angewandte Linguistik innerhalb und außerhalb der Hochschulen“ von ihren Erfahrungen berichten!

Behörden, Unternehmen und politische Institutionen nutzen Beratungsangebote der Angewandten Sprachwissenschaft, um ihre Kommunikation zu verbessern. Sie erhoffen sich Unterstützung im Hinblick auf die interne Kommunikation, aber auch bei der Kommunikation nach außen, beispielsweise bei Reden oder im Marketing. Die Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. hat sogar einen Redaktionsstab im Bundestag, wo Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler zum Beispiel bei der sprachlichen Prüfung von Gesetzestexten oder der Übersetzung von Texten in Leichte Sprache helfen, sprachbezogene Fragen von Politikerinnen und Politikern beantworten und Seminare zu sprachlichen Themen anbieten.

Und sogar zur Verbrechensbekämpfung wird die Angewandte Linguistik zu Rate gezogen! Klingt im ersten Moment verrückt – doch Linguistinnen und Linguisten können in Texten Muster und Auffälligkeiten erkennen, die bei Ermittlungen hilfreich sein können. Mehr zu diesem Thema können Sie im nächsten Blogbeitrag lesen!

Wie läuft eine solche Beratung ab?

Angewandte Linguisten und Linguistinnen fragen zunächst: Wo genau gibt es Schwierigkeiten bei der Sprachverwendung? Durch eine Analyse der Ausgangssituation wird zunächst herausgearbeitet, in welcher sprachwissenschaftlichen Kategorie Unsicherheiten herrschen, wie zum Beispiel in der Verwendung von Substantiven oder dem Satzbau. Dies bezieht sich vor allem auf die eigenen Texte, bei denen man Hilfe benötigt. Anschließend werden Lösungsvorschläge präsentiert, die eine Möglichkeit darstellen, wie das Problem bewältigt werden kann. Der oder die Beratene muss die Vorschläge aber natürlich nicht zwingend annehmen, sondern sie in dem Maße umsetzen, wie sie ihm sinnvoll und zielführend erscheinen.

Angewandte Linguistinnen und Linguisten beraten Privatpersonen

Auch bei privaten Fragen rund um die Sprachverwendung kann man sich natürlich an Angewandte Linguisten und Linguistinnen wenden. Dabei muss es nicht nur um die großen sprachlichen Probleme gehen – manchmal ist es ein simples Komma, mit dem man sich ewig herumärgert.

In solchen Fällen kann man sich beispielsweise telefonisch bei der Duden-Sprachberatung Hilfe holen. Die dort arbeitenden Linguistinnen und Linguisten können eine fachlich fundierte Antwort auf verschiedene Fragestellungen geben. Was sie nicht wissen, schlagen sie in sprachwissenschaftlichen Nachschlagewerken und Datenbanken nach – so helfen sie beispielsweise dabei, die Bedeutung von Fachbegriffen zu entschlüsseln, bei denen man auch nicht unbedingt weiß, wo man diese selbst nachschlagen kann oder sich unsicher in Bezug auf ihre Bedeutung ist. Auch die Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. und andere Institutionen bieten Sprachberatungstelefone an.

Angenommen, Ihr Nachbar beschwert sich bei Ihnen über Ihre Spontanvegetation im Garten, können Sie also bei der Sprachberatung nachfragen, was genau in Ihrem Garten vegetiert. Es ist übrigens Unkraut, dass Sie mithilfe eines Dreiseitenkippers – also: einem Anhänger – zur nächstgelegenen Grünschnittdeponie bringen können.

Das Tätigkeitsfeld Beraten in der Angewandten Linguistik

Im gesellschaftlichen Zusammenleben ist Kommunikation die Voraussetzung für ein gutes Zusammenleben. Da ein Mensch bekanntlich nicht nicht kommunizieren kann, sollte diese also so reibungslos wie möglich ablaufen. Die Angewandte Linguistik kann hier beratend zur Seite stehen und Hilfestellungen bieten, wann immer Schwierigkeiten auftreten.

Die Autorin:

Ann-Katrin Hüsing – studiert Gymnasiallehramt mit den Fächern Deutsch und Englisch. Sie ist Hiwi in der deutschen Sprachwissenschaft und findet Sprachen so interessant, dass sie einfach gleich zwei studiert.

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Empathie – Interaktion – Medizin – und was hat das jetzt mit Linguistik zu tun?

Ein Projekt aus dem Tätigkeitsfeld Aufklären

In unserem #galwue21-Blogprojekt zeigen wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik! Im letzten Blogbeitrag haben wir Ihnen das Tätigkeitsfeld „Aufklären“ vorgestellt. Heute zeigen wir Ihnen ein angewandt-linguistisches Projekt aus diesem Tätigkeitsfeld. Viel Spaß!

Sie sitzen im Behandlungsraum einer Arztpraxis und haben möglicherweise mit Beschwerden oder einer Diagnose zu kämpfen. Welches Verhalten würden Sie sich von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin wünschen? Sicher keine medizinisch korrekte, aber gefühlslose „Abfertigung“, sondern ein verständnisvolles Gespräch, bei dem Ihr Arzt oder Ihre Ärztin es schafft, die richtige Balance zwischen Professionalität und Empathie zu bewahren. 

Studien aus verschiedenen Fachbereichen wie zum Beispiel der Medizinpsychologie bestätigen diesen Eindruck: Empathie ist ein zentrales Element medizinischer Versorgungsqualität. Allerdings weiß man bislang nur wenig darüber, wie Empathie in medizinischen Beratungsgesprächen sprachlich ausgedrückt wird und ob sich das von Empathiebekundungen in anderen Gesprächskontexten unterscheidet.

Nathalie Bauer will das ändern. Sie promoviert über die Frage, wie in medizinischen Interaktionen, genauer in Gesprächen zwischen Patientinnen und Patienten und Ärztinnen und Ärzten, Empathie sprachlich ausgedrückt wird und im Gespräch ausgehandelt wird. Ihr wurde dafür der Förderpreis 2020 der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) e. V. verliehen. „Damit werden Projekte unterstützt, die wissenschaftliche Qualität und Anwendungsbezug in hervorragender Weise vereinen“, erklärt GAL-Präsident Prof. Dr. Markus Bieswanger im Video der Preisverleihung.

Über Fragestellungen, Aufbau, Ergebnisse und Anwendungsbezug des Projekts könnte uns niemand besser Auskunft geben als Nathalie Bauer selbst. Sie hat sich freundlicherweise bereiterklärt, uns unsere Fragen zu ihrem Projekt „Empathie in medizinischen Interaktionen – eine gesprächsanalytische Untersuchung“ in einem Interview zu beantworten. Vielen Dank! 

Empathie Interaktion Onkologie

Das sind die drei Schlagwörter, mit denen Nathalie Bauer ihr Projekt zusammenfassen würde. Insgesamt 56 Aufklärungs- oder Beratungsgespräche mit Onkologiepatienten und -patientinnen bilden die Grundlage ihrer Forschungsarbeit.Diese wurden im Rahmen eines Projekts der deutschen Krebshilfe in Zusammenarbeit mit verschiedenen Universitäten aufgezeichnet. In den Gesprächen haben die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Aufgabe, auf der Grundlage bereits erfolgter Untersuchungen die Diagnose und das weitere Therapieverfahren zu erläutern. Die Patientinnen und Patienten werden hierbei zum ersten Mal mit der Diagnose „Krebs“ konfrontiert. Eine schwierige Situation für beide Parteien! Wir haben Nathalie Bauer gefragt: Was sind denn typische Probleme bei der Kommunikation zwischen medizinischem Personal und Patientinnen und Patienten?

„Das sind zunächst einmal Verständnisprobleme. Die medizinische Diagnose muss gewissermaßen in die Lebenswelt der Patientinnen und Patienten übersetzt werden. Außerdem ist oft ein Problem, dass die Betroffenen erst einmal vollkommen überfordert sind mit der Diagnose „Krebs“ und die Ärztinnen und Ärzte sich mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert sehen, ihnen mögliche Interpretationsangebote zu machen und sie zurück ins Gespräch zu ‚holen‘.“

Aber auch die asymmetrische Beziehung zwischen den Gesprächsbeteiligten kann ein Problem darstellen:

„Der Arzt oder die Ärztin sind normalerweise diejenigen, die das Gespräch strukturieren und lenken. Die Patientinnen und Patienten könnten sich dadurch verunsichert fühlen: Wann darf ich sprechen? Ist das ok, wenn ich das so sage? Das wirklich Interessante bei der Untersuchung zur Empathie ist allerdings, dass eigentlich der Patient bzw. die Patientin den primären Wissenszugang zu seinem emotionalen Erleben hat und nicht wie üblich das medizinische Personal. Die wissen schließlich am besten, wie es ihnen gerade geht!“

Es handelt sich also um eine ganz spezielle und sehr komplexe Gesprächssituation. Wie können Ärztinnen und Ärzte von dieser Erkenntnis profitieren?

Hilfreiche Ratschläge für den Einsatz von Empathie in der Arzt-Patienten-Kommunikation

„Obwohl in Arzt-Patienten-Gesprächen teilweise ähnliche Strukturen zu erkennen sind wie in Alltagsgesprächen, treten Empathieanzeigen hier doch nochmal in anderer Form auf, erklärt Nathalie Bauer. „Ob sie als angemessen behandelt werden oder nicht, hängt tatsächlich auch sehr stark vom Kontext ab – je nachdem, wer gerade am Gespräch teilnimmt oder zu welchem Zeitpunkt im Gespräch sie geäußert werden.“

Es gilt also zunächst, die verschiedenen Arten, mittels Sprache und Sprechverhalten Empathie auszudrücken, aus linguistischer Sicht zu analysieren und zu klassifizieren. Anschließend können daraus Anwendungsbezüge abgeleitet werden, die Medizinerinnen und Medizinern helfen, ihre Gesprächsführung zu reflektieren. Nathalie Bauer betont:

„Für die Gesprächsführung ist es vor allem wichtig, sich mit dem Funktionieren von Gesprächen und deren grundlegenden Strukturen zu beschäftigen. Im medizinischen Bereich werden Gespräche häufig allein aus der Perspektive des medizinischen Personals gedacht. Zu einem Gespräch gehören aber immer zwei, es handelt sich um eine Interaktion.“

Darüber können Ärztinnen und Ärzte aus angewandt-linguistischer Perspektive aufgeklärt werden. Die erste überraschende Erkenntnis:

Es gibt kein Patentrezept!

Medizinstudierende lernen häufig, sie sollten eine bestimmte Schrittabfolge einhalten, damit das Gespräch gelingt. Die erhobenen Daten zeigen aber: Es gibt kein Patentrezept für die Anzeige von Empathie in medizinischen Gesprächen. Obwohl das jetzt vielleicht ernüchternd ist, wirkt das auch in vielerlei Hinsicht entlastend auf das medizinische Personal. Empathie ist situationsabhängig! Eine Ärztin versucht beispielsweise dadurch Empathie auszudrücken, dass sie von ihren eigenen Brustkrebserfahrungen berichtet. Diese Strategie wurde in mehreren Gesprächen mit verschiedenen Patientinnen beobachtet. Man sieht: Die Betroffenen reagieren ganz unterschiedlich darauf. Manche blocken sofort ab, andere fragen interessiert nach oder kommen zu einem späteren Zeitpunkt des Gesprächs darauf zurück. Das möglichst schnell und gut erkennen zu können, kann für Ärztinnen und Ärzte sehr hilfreich sein.“

Das überrascht auch uns! Eine Schritt-für-Schritt-Gesprächsanleitung kann auch die Angewandte Linguistik also nicht bieten. Wie kann man Medizinerinnen und Medizinern trotzdem zu einer besseren Kommunikation mit ihren Patientinnen und Patienten verhelfen?

Man muss verstehen, nach welchen Mechanismen solche Gespräche funktionieren“,betont Nathalie Bauer. „Ein wichtiges Element dabei ist, Ärztinnen und Ärzten zu ermöglichen, das eigene Kommunikationsverhalten zu reflektieren. Das klappt besonders gut, wenn man sich mit authentischen Gesprächen beschäftigt, in denen man dann kommunikative Strukturen erkennen kann. “  

Vom Medizin- zum Gesprächsprofi

Ärztinnen und Ärzte müssen also eigentlich nicht nur Medizin-, sondern auch Gesprächsprofis sein. Dazu klären Angewandte Linguistinnen und Linguisten wie Nathalie Bauer über Funktionsweisen und Wirkmechanismen von Empathie in Gesprächen auf.

Wir haben bereits einen Workshop an der Universität Karlsruhe für junge Medizinerinnen und Mediziner veranstaltet. Die Teilnehmenden bekommen dabei kein Erfolgsrezept in Form einer „Anleitung“ an die Hand. Stattdessen untersuchen sie die aufgezeichneten Gespräche selbst. Wir stellen das dazu notwendige linguistische Wissen und verschiedene Analysemethoden bereit. Dadurch, dass die Teilnehmenden die Gespräche durch die linguistische anstatt durch die medizinische „Brille“ betrachten, werden sie für Empathieanzeigen und unterschiedliche Reaktionen darauf in ihrem jeweiligen Kontext sensibilisiert. Wir haben zu dem Workshop viel positive Resonanz erhalten. Meine linguistische Expertise dort einbringen zu können, hat mich im Projekt und auch persönlich sehr weitergebracht.“

Aufklärung zum Real World Problem als Schritt hin zu einer Real World Solution

Auf die Frage hin, ob sie sich als Angewandte Linguistin verstehen würde, antwortete Nathalie Bauer ohne zu zögern: Auf jeden Fall!“

Sie erklärt:Empathie angemessen zu zeigen ist ein wirkliches Real-World Problem der medizinischen Fachwelt. Gesprächslinguistische Forschungsergebnisse sind ein wichtiges Puzzlestück, um die bestmögliche Arzt-Patienten-Kommunikation zu ermöglichen. Zu verstehen, wie Empathie in medizinischen Gesprächen funktioniert, kann den Berufsalltag von Ärztinnen und Ärzten erleichtern und so hoffentlich das Erleben für die Patientinnen und Patienten verbessern.“

Wir freuen uns gemeinsam mit den Ärztinnen, Ärzten, Patientinnen und Patienten auf die Publikation von Frau Bauers Forschungsergebnissen. Schließlich ist das Dissertationsprojekt nicht nur für die Linguistik eine Bereicherung!

Vielen Dank für diesen spannenden Einblick!

Die Autorinnen:

Franziska Schulte – studiert Gymnasiallehramt mit den Fächern Deutsch, Geschichte und Sozialkunde und hat sich so irgendwie als Hiwi in die deutsche Sprachwissenschaft verirrt! Aber das ist nicht so schlimm!

Magdalena Belz – BA-Studentin und ebenfalls Hiwi in der deutschen Sprachwissenschaft. Beantwortet die Frage „Und was kann man mit einem Germanistikstudium beruflich machen?“ gern mit einem Verweis auf die Angewandte Linguistik!

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Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler als Spürnasen sprachbezogener Probleme

Angewandte Linguistik und das Tätigkeitsfeld Aufklären

In unserem #galwue21-Blogprojekt zeigen wir Ihnen die bunte Vielfalt der Angewandten Linguistik! Dazu geben wir Antworten auf die Frage: Was machen Angewandte Linguistinnen und Linguisten eigentlich?

Wie kaum zuvor wird heute in gesellschaftlichen und politischen Debatten über die Angemessenheit beziehungsweise Unangemessenheit der deutschen Sprache diskutiert. Gerade die Diskussion darum, inwiefern die deutsche Sprache ‚gendergerecht‘ sei, erlebt aktuell eine Blütezeit. Bereits die verwendete Form einer Anrede stößt auf breite Diskussionsbereitschaft: Ist es überhaupt noch vertretbar, beispielsweise ausschließlich von Zuhörern zu sprechen, wenn das Publikum sehr wohl auch aus Frauen oder Personen mit nicht-binären Geschlechtsidentitäten besteht?  Sollte man womöglich lieber von Zuhörerinnen und Zuhörern sprechen? Und wie schreibt man das? ZuhörerInnen? Zuhörer*innen? Zuhörer:innen? Oder vielleicht doch lieber ganz anders formulieren: Zuhörende?

Auch die fachsprachliche Komplexität der deutschen Sprache wird häufig kritisiert. Gerade im Hinblick auf Corona-Regelungen und -Verordnungen häufen sich die Beschwerden über das unverständliche „Beamten- und Juristendeutsch“. Wo es doch eigentlich von besonderer Wichtigkeit ist, dass die Bürgerinnen und Bürger sich über aktuelle politische Maßnahmen und Verordnungen gut informieren können, scheitern immer wieder viele Menschen daran, die tatsächliche Sach- und Informationslage aus den sprachlich komplexen Aussagen der Politik, Verwaltung und Presse zu entschlüsseln.

Wie kann die Angewandte Linguistik hier helfen?

Angewandte Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler verfolgen solche gesellschaftlichen Debatten mit besonderem Interesse und versuchen, die Hintergründe sprachbezogener Probleme besser nachzuvollziehen. Denn: Nur durch ein fachlich untermauertes und wertungsfreies Aufklären über die Problemursachen kann es zu einer produktiven Lösung kommen.

Welche sprachlichen Möglichkeiten gibt es also, Menschen mit unterschiedlichen biologischen (oder auch sozialen) Geschlechtern zu adressieren? Wie werden diese Möglichkeiten genutzt, wie werden sie aufgenommen? Welche Schwierigkeiten können hierbei möglicherweise auftreten?

Und: Welche sprachlichen Merkmale zeigen Texte, die von Leserinnen und Lesern als zu kompliziert empfunden werden? Sind es vielleicht einzelne Fachwörter, komplizierte Wortzusammensetzungen oder doch die berühmt-berüchtigten langen Schachtelsätze? Wie kann die Textrezeption erleichtert und das Verständnis verbessert werden?

All dies sind Fragen, mit denen sich die Angewandte Linguistik beschäftigt.

Wo ist sprachwissenschaftliche Aufklärungsarbeit gefragt?

Angewandte Linguistinnen und Linguisten sind in ihrer Aufklärungstätigkeit quasi die Spürnasen für die sprachliche Seite gesellschaftlicher Kontroversen und Probleme. Egal, ob sie sich in bereits bestehenden Diskussionsfeldern wie dem der sprachlichen Sichtbarmachung zu Wort melden oder aber auch auf sprachliche Problemfelder aufmerksam machen, welche zuvor noch gar nicht als öffentliche Debatten diskutiert worden sind: Aus eigener Initiative heraus versuchen sie, die sprachlichen Problemfaktoren klar zu benennen und so ein tiefergehendes Verständnis des sprachlichen oder sprachbezogenen Problems zu befördern.

Damit trägt die sprachwissenschaftliche Aufklärungsarbeit zur Problemlösung sprachbezogener Probleme bei und fördert aber auch gleichzeitig ein generelles, sprachkritisches Bewusstsein, das im Idealfall schon die Entstehung so mancher Probleme verhindern kann.

Wie genau sorgen Angewandte Linguistinnen und Linguisten für solch ein „sprachkritisches Bewusstsein“?

Konkret kann dies zum Beispiel durch eine linguistische Aufarbeitung der Ursprünge des Problems erfolgen. Beim Thema Gendern wären zunächst beispielsweise das Verhältnis einer Versprachlichung von grammatischem Geschlecht (= Genus) und natürlichem Geschlecht (= Sexus) zu erörtern. Weiterhin können gängige Sprachgebrauchsmuster in ihrer Rezeption und Bewertung analysiert werden, um zu erkennen, was und warum etwas eigentlich tatsächlich als ‚ungerecht‘ beurteilt wird.

In Bezug auf die Verbesserung der Verständlichkeit öffentlicher Kommunikation sind Untersuchungen dazu, was genau einen Text kompliziert und unverständlich macht, sinnvoll. Erkenntnisse hierzu helfen den Textproduzenten, ihre Texte zu reflektieren und letztlich natürlich auch zu verbessern. 

Die Sprachwissenschaft bringt sich aber nicht nur in bestehende öffentliche Debatten ein, sondern regt auch neue an. Auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) e. V. diskutiert beispielsweise die Sektion Fachkommunikation über die sprachlichen Merkmale von Fake News. Und die Sektion Migrationslinguistik beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern Sprache und insbesondere die sog. „Bildungssprache“ für nicht-muttersprachliche Schülerinnen und Schüler in der Schule eine Hürde darstellt. Der GAL-Förderpreis 2020 wurde ebenfalls für eine Arbeit verliehen, die das Ziel hat, mehr sprachwissenschaftliches (Hintergrund-)Wissen über einen Bereich bereitzustellen, der häufig als problematisch empfunden wird: die Kommunikation zwischen Ärztinnen und Ärzten und ihren Patientinnen und Patienten. (Aber dazu mehr in der nächsten Woche!)

Angewandte Linguistinnen und Linguisten klären auf – und das ist gut so!

In unserem Alltag begegnen wir womöglich häufiger durch Sprache verursachten oder mit-verursachten Problemen, als uns bewusst ist. Um zu einer gewinnbringenden Lösung für solche Probleme zu kommen, ist es notwendig, dass sie zunächst als sprachliche oder kommunikative Probleme erfasst, wissenschaftlich beschrieben und analysiert werden. Die Ergebnisse solcher Analysen können dann dazu beitragen, dass Fehl- und Vorurteile beseitigt werden und der Weg für produktive Lösungen freigemacht wird.

Die Autorinnen:

Marina von Dungen – Bachelor-Studentin der Germanistik, die sich tief in die Sprachwissenschaft verliebt hat.

Chrysoula Perathoraki – studiert BA Germanistik und Anglistik an der Universität Würzburg und interessiert sich ebenfalls sehr für Sprachwissenschaft.

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